caw. Telgte. „Die Politik hat kein Interesse, die ,Lufthoheit’ über die Kinderbetten zu gewinnen. Der Erziehungsauftrag liegt eindeutig in den Händen der Eltern!“ Klare Worte der NRW-Landtagspräsidentin
Regina van Dinther, die im Rahmen einer Informationsreise durch den Kreis Warendorf auch die Emsstadt besuchte. Sie folgte damit einer Einladung der CDU-Kreis-Frauenunion ins Telgter Bürgerhaus, wo sie in ihrem Vortrag und der sich anschließenden Podiumsdiskussion schwerpunktmäßig zu den frauenpolitisch relevanten Fragen Stellung nahm. Begleitet wurde van Dinther von Reinhold Sendker (MdL). Er attestierte der „1. Vertreterin der Demokratie in Nordrhein-Westfalen“ absolute Kernkompetenz in Frauenfragen. Es mache Mut, in Deutschland nicht nur eine Kanzlerin, sondern auch eine Landtagspräsidentin zu haben.
T. Hertleif (stellvertr.Bürgermeister, Telgte), K.-H. Greiwe (Vorsitzender der CDU, Telgte) , R. Sendker (MdL), R. van Dinther (Landtagspräsidentin NRW, Vorsitzende der FU-NRW), E. Duhme (Vorsitzende der FU Kreis Warendorf), „Telgter Fünfklang“ Grußworte des CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Karl-Heinz Greiwe leiteten über zum stellvertretenden Bürgermeisters Tonius Hertleif, der Regina van Dinther die historischen und aktuellen Marginalien der Emsstadt näher brachte. Anhand des Beispiels einer Wohngruppe von Waisenkindern erläuterte er aus eigener Erfahrung, welche Arbeit Frauen in der Familie heute leisten. „Für die acht Bewohner der Gruppe waren ebenso viele Betreuer vonnöten um die Aufgaben zu erledigen, wie die Mütter in ihrem Umfeld nahezu alleine bewältigen“.
Diesen roten Faden griff Landtagspräsidentin van Dinther in ihrem Referat auf. Täglich „frisch im Stoff in Bezug auf die gesellschaftlichen Veränderungen“ sei erkennbar, dass Eltern sich immer häufiger überfordert fühlen, wenn es um die Anforderungen der kindlichen Erziehung gehe. Was ihre Eltern im Netzwerk einer funktionierenden Familie mit Erfolg praktiziert hätten, Regeln und Werte aufzuzeigen und Leistungen anzufordern, sei in einer immer komplizierter werdenden Welt heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Wichtig seien Hilfsangebote von Institutionen wie Kindergärten, Schulen und Familienzentren, die den Eltern durch ihren täglichen Umgang vertraut seien. Vor allem bei Familien mit Migrationshintergrund, in denen 38 % der Kinder aufwachsen, seien auf konkrete Unterstützung angewiesen. Hier hätten die Ganztagsangebote der Schulen eine hohe Kompetenz. Ob Hauptschüler oder Gymnasiast: Kein Kind dürfe mehr durch den „Bildungsrost“ fallen. Auch die Kommunalpolitik sei hier gefordert. Sie schaffe „soziale Nahräume“, in denen Kinder und Jugendliche die Netzwerke von Vereinen positiv für sich nutzen könnten, wenn sie mit einem „Rucksack voller familiärer Probleme“ ihr Leben meistern müssten.
Zu den längst überfälligen Signalen zählte van Dinther unter anderem die Veränderungen im Steuerrecht, positive Entwicklungen in Bezug auf die Altersvorsorge durch Anerkennung der Erziehungszeiten im Rentenrecht, die Einführung der Elternzeit und die Wahrnehmung der angebotenen Bildungschancen. Sie seien ein guter, wenn auch nicht ausreichender Schritt vor allem für Frauen. „Trotzdem müssen junge Menschen mehr Verantwortung für sich selbst übernehmen, weil die Absicherung im Alter demnächst nicht mehr selbstverständlich ist“.
Unterstützt vom Blasorchester „Telgter Fünfklang“ des Maria-Sybilla-Merian-Gymnasiums schloss sich eine Podiumsdiskussion unter Leitung von Elke Duhme als Vorsitzender der Kreis-Frauenunion an. Hier diskutierten Brigitte Schneider vom Telgter Gymnasium, Petra Michalczak-Hülsmann, Geschäftsführerin der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung des Kreises Warendorf und Magdalena Münstermann vom gleichnamigen Westbeverner Metallbau-Unternehmen zusammen mit Regina van Dinther über die Situation der Frauen in Familie und Beruf. Magdalena Münstermann
erläuterte dabei das „Telgter Modell“, das sie zusammen mit den Telgter Schulen und weiteren Firmen ins Leben gerufen hat. „Hier in unseren Betrieben erfahren Schülerinnen und Schüler, dass sie Gelerntes in den Betrieben umsetzen können und welche Fähigkeiten in ihnen stecken“. Die Kinder dort abzuholen, wo sie stehen, ihnen mehr zuzutrauen als sie sich selbst und ihr Können unter fachkundiger Anleitung zu erkennen, das sei dankbar eingesetzte Zeit. Mit diesem Konzept sei man hier vor Ort in Telgte und Westbevern vor allem in Bezug auf Mädchen und Frauen bereits auf einem guten Weg.
(Cornelia Wichert)